20.04.2023

Wie beeinflusst die Atmung deine Haltung?

von Dennis Dömer
Fitness, Gesundheit, Prävention, Sport, Workout

Die meisten verbinden mit dem Thema Atmung erstmal etwas Esoterisches, Entspannung oder Erkrankungen wie Asthma. Aber unsere Atmung kann noch viel mehr.

Wir sind das einzige Lebewesen, welches seine Atmung bewusst beeinflussen kann. Diese Fähigkeit ermöglicht es uns, zum einen unser vegetatives Nervensystem zu steuern und zum anderen, aktiv unsere Wirbelsäulenstabilität zu beeinflussen. Um zweiteres geht es hier in diesem Artikel. 

Bevor wir tiefer in diese Materie einsteigen, ist es wichtig zuerst zwei Arten der Atmung zu unterscheiden. Die anatomische Atmung und die mechanische Atmung. 

Hierzu eine kleine Gegenüberstellung:

Anatomische Atmung Mechanische Atmung

Fokus auf Körperstreckung und Beugung

Fokus auf die Wirbelsäule und Bracing

Kontinuierliche Atemzüge

Meist gezielt eingesetzt für kurzen Zeitraum

Wenig Spannung

Viel Spannung

Alltagsatmung

Bewusst genutzt z.B. beim heben schwerer Lasten

 

 

 

 



Die anatomische Atmung ist auch unsere physiologische Atmung.

In der Regel geschieht diese unbewusst und funktioniert ohne große Anstrengung. 

Die mechanische Atmung hingegen wird bewusst eingesetzt, um eine hohe Spannung zu erzeugen und dadurch eine Art funktionales Korsett für die Wirbelsäule zu schaffen, um zum Beispiel hohe Lasten zu heben oder zu tragen. 

Gerade im Sport aber auch im Alltag verschmilzen die beiden Varianten immer wieder miteinander und es kann ein stetiges Hin- und Herwechseln entstehen. 

Beide Techniken werden in der Regel automatisch eingesetzt, ohne großartig darüber nachdenken zu müssen. Jeder hat wahrscheinlich schon mal ein schweres Gewicht hochgehoben und dabei ganz automatisch die Luft angehalten und beim Heben dann, diese langsam herausgepresst oder mit einem Schrei und einem Atemstoß das Gewicht hochgehievt. 

Das ist ganz natürlich und auch gut so. Jedoch hat sich mit dem Wandel unseres Lebensstils, auch immer mehr eine dysfunktionale Atmung etabliert, die langfristig zu schweren Problemen führen kann. 

Unsere Atmung und hier speziell unser größter Atemmuskel, das Zwerchfell, ist maßgeblich am Spannungsaufbau unseres Cores beteiligt. 

Nutzen wir das Zwerchfell nicht richtig, bzw. atmen wir falsch, können wir keine adäquate Rumpfspannung aufbauen.

Das Zwerchfell steht in direkter Verbindung mit dem großen Hüftbeuger, dem Musculus psoas major, welcher wiederum in Zusammenarbeit mit dem Beckenboden steht. 

Funktioniert diese Verbindung, arbeiten Beckenboden, Hüftbeuger und Zwerchfell in Einklang und wir haben die Möglichkeit eine ideal angepasste Spannung aufzubauen.

Durch viel Sitzen und wenig Bewegung verspannt das Zwerchfell schnell und andere Muskeln übernehmen die Atemarbeit. 

Dies führt dazu, dass auch der Hüftbeuger langfristig verspannt und das kann langfristig zu Beckenbodenproblemen führen. 

Der Beckenboden ist zudem noch links, rechts und nach oben hin verbunden mit anderen Muskeln verbunden, die im Verbund dann die Basis des Rumpfes bilden. 

Das heißt also zusammenfassend, wenn das Zwerchfell nicht in seiner Funktion entsprechend arbeitet, sorgt dies dafür, dass auf Dauer der ganze Rumpf in sich zusammenbricht.

Dies kann auch bei sehr trainierten Sportlern vorkommen, die auf den ersten Blick definiert und durchtrainiert aussehen. Gerade in der Crossfitszene gab es mal eine Zeitlang den Trend, dass ein gutes Training damit endet, dass man sich in die Hose macht. Ein erschreckender Trend, denn er zeigt nur auf, dass die Sportler zwar extrem stark sind, aber keinerlei Rumpfstabilität aufweisen.

Die Basis eines guten Rumpftrainings sollte also mit einem gezielten Atemtraining beginnen, welches zuerst das Zwerchfell wieder aktiviert, dann kräftigt und wieder in dem Verbund mit dem Psoas und dem Beckenboden agieren lässt. 

Erst danach sollte mehr Spannung und Gewicht aufgebaut werden. 

Beherrschen wir die mechanische Atmung, können wir anfangen mit ihr zu spielen und genau an unsere Bedürfnisse anzupassen. Wir können entweder eine extrem hohe Spannung mit einer hohen Wirbelsäulensteifigkeit aufbauen, wenn wir zum Beispiel ein sehr schweres Gewicht heben wollen und maximale Stabilität benötigen. Oder wir können die Spannung etwas herunterfahren und dafür aber eine sehr hohe Flexibilität aufbauen, wie wir sie zum Beispiel in einigen Yogaposen benötigen. 

Aber auch bei der anatomischen Atmung profitieren wir von der Synergie der Muskeln. Sie sorgt dafür, dass wir aufrecht stehen und gehen. Durch die Dynamik des richtigen Atmens sorgen wir dafür, dass auch unsere Verdauung einwandfrei funktioniert. Zudem erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, keine Rückenschmerzen, Beckenbodenbeschwerden oder Hüftprobleme zu bekommen.

Zum Schluss möchte ich noch eine kleine Übung mit auf den Weg geben, mit der du die Wahrnehmung von Beckenboden und Zwerchfell verbessern kannst. 

Hierfür bedienen wir uns der Übung Katze/Kuh aus dem Yoga. 

Versuche in der Ausatmung alle Luft herauszupressen und gleichzeitig den Beckenboden nach innen oben zu ziehen. Hierbei wird der Rücken gerundet.

Dann atme wieder ein und senke den Rücken ab. Spiele mit beiden Atemarten, indem du mal locker einfach ausatmest und keine Spannung aufbaust und beim nächsten Ausatmen die Luft eher herauspresst und dabei eine Rumpfspannung aufbaust. Du wirst den Unterschied sofort spüren. 


 

von Dennis Dömer
Fitness, Gesundheit, Prävention, Sport, Workout

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